Stefan Grass
Leiter des Komitees Olympia-kritisches Graubünden
2019: Kaum jemand möchte noch Olympische Winterspiele. Das liegt auch an einem harten Gegner aus der Schweiz.
2018: Seit den Olympischen Winterspielen in Turin 2006 zeigt sich die fehlende Sinnhaftigkeit von solchen Sportgrossveranstaltungen im Alpenraum. Stefan Grass, Leiter des Komitees Olympiakritisches Graubünden, der seit 18 Jahren die Kandidaturen für Olympische Winterspiele in Graubünden für 2010, 2014, 2022 und 2026 erfolgreich bekämpfte, zieht Bilanz.
2018: Stefan Grass hat die Kandidatur für Olympische Spiele in Graubünden gebodigt. Jetzt soll er Sion 2026 verhindern.
Mauspfeil auf dem Titel zeigt Medium, Datum und Lead:
23.05.2018
Der Bundesrat hat in seiner Sitzung vom 23. Mai 2018 die Botschaft über den Bundesbeitrag an Olympische und Paralympische Winterspiele in der Schweiz verabschiedet. Er beantragt dem Parlament, das Projekt «Sion 2026» mit bis zu 994 Millionen Franken zu unterstützen. Im Bundesbeitrag enthalten sind auch 40 Millionen Franken, um konkrete Projekte Dritter in verschiedenen Bereichen unterstützen zu können. (MM BR)
Der Bundesrat ist überzeugt, dass Olympische und Paralympische Winterspiele grosse Chancen für die Schweiz als Austragungsland darstellen. Nicht nur im Sport, sondern auch in Wirtschaft und Gesellschaft erwartet der Bundesrat von der Kandidatur «Sion 2026» zahlreiche positive Auswirkungen. Dazu gehören neben der Möglichkeit zur internationalen Positionierung der Schweiz vor allem auch regionalwirtschaftliche Impulse.
Konkrete Projekte in den Austragungsregionen und darüber hinaus
Für den Bundesrat ist zentral, dass konkrete, hauptsächlich von privaten Organisationen lancierte und mitfinanzierte Projekte angestossen werden, namentlich in den Bereichen «Sport, Bewegung und Gesundheit», «Tourismus, Landwirtschaft und Regionalentwicklung» sowie «Energie, Raum und Umwelt». Für solche Projekte sind in der Kandidatur 91 Millionen Franken vorgesehen, davon 40 Millionen Franken Bundesmittel.
Der Bundesrat will die Kandidatur unterstützen und beantragt in seiner Botschaft dem Parlament, die entsprechenden Kredite zu beschliessen. Der Bund will sich maximal mit 994 Millionen Franken am Projekt beteiligen. Die Beiträge im Einzelnen:
Kantone unterstützen die Spiele
Die Vernehmlassung zum Vorhaben fällt positiv aus. Viele Vernehmlassungsteilnehmer teilen die Haltung des Bundesrates, wonach die Winterspiele eine Chance darstellen, die Vielfalt der Schweiz, ihre Werte und ihre Leistungsfähigkeit international präsentieren zu können. Auch die grosse Mehrheit der Kantone hat sich positiv zum Projekt geäussert.
Gleichzeitig wird in den Stellungnahmen auch auf Risiken hingewiesen. Der Bundesrat ist sich bewusst, dass acht Jahre vor der Austragung eines solchen Grossanlasses zwangsläufig auch Unwägbarkeiten und entsprechend Risiken bestehen. Dazu gehören die Aufwendungen für die öffentliche Sicherheit. Die Austragungskantone sind verantwortlich für die Bereitstellung der erforderlichen Polizeikräfte. Die Konferenz der Justiz- und Polizeidirektoren (KKJPD) hat bestätigt, dass die Sicherheit der Winterspiele gewährleistet werden kann; die Kantone stehen derzeit in Verhandlungen für die Regelung der Sicherheitskosten.
Vorkehrungen für finanzielle Risiken
Die Kandidaturorganisation hat das Budget für die Organisation und Durchführung der Winterspiele nach dem Vorsichtsprinzip erstellt. Im Budget enthalten ist eine Reserve von 215 Mio. Franken. Im Weiteren hat auch das IOC im Rahmen der «Agenda 2020» zahlreiche Massnahmen zur Reduktion der Kosten definiert, was zu Einsparungen führen dürfte. Zudem besteht ein Potential für höhere Beiträge des IOC, wie es schon bei den letzten Winterspielen der Fall war.
Der Bund wird keine finanziellen Garantien abgeben. Die Verantwortlichkeit gegenüber dem IOC für die Durchführung und Finanzierung der Spiele liegt bei der zu gründenden Trägerorganisation, die Verantwortung für die öffentliche Sicherheit bei den Kantonen.
Pionierrolle der Schweiz stärken
Der Bundesrat ist in seiner Gesamtbeurteilung überzeugt, dass die Chancen für Sport, Wirtschaft und Gesellschaft in der Schweiz die Risiken überwiegen. Als Vorreiterin einer neuen Generation Olympischer Spiele und als Heimatland dutzender internationaler Sportverbände könnte die Schweiz in der weltweiten Wahrnehmung eine Pionierrolle einnehmen.
Auszug 4.5 Dachverbände und weitere interessierte Organisationen (ab Seite 14)
vbu lehnt die Durchführung von Winterspielen in der Schweiz und eine Beteiligung des Bundes an solchen ab. vbu erachtet die Winterspiele in der heutigen Form als Veranstaltung, die nicht nachhaltig durchgeführt werden kann. Es bräuchte ein fundamentales Umdenken und eine ganzheitliche Neukonzeption des Anlasses. Diese ist für vbu mit den vorliegenden Vorschlägen für eine Durchführung im Jahr 2026 in der Schweiz nicht erkennbar.
pro natura lehnt die Kandidatur "Sion 2026" und die Beiträge des Bundes ab. Winterspiele seien nicht nachhaltig und das Projekt "Sion 2026" plane verschiedene Wettkämpfe in ge-schützten Zonen. Auswirkungen auf die Natur und die Landschaft sind unvermeidlich. Winter-spiele würden den notwendigen Strukturwandel im Angebot des Tourismus im Berggebiet ver-zögern. pro natura weist darauf hin, dass in den von den Promotoren veröffentlichen Dokumenten festgehalten wird, dass in verschiedenen Bereichen die Abklärungen noch unzureichend seien (bspw. Transportkonzept, Beherbergungskonzept, Zugang zu den Austragungsstätten). pro natura erkennt ein hohes Risiko, dass die Natur und die Landschaft durch die Winterspiele stark beeinträchtigt werden. pro natura Fribourg und pro natura Vaud äussern sich im gleichen Sinn wie pro natura.
CIPRA lehnt die Durchführung von Winterspielen in der Schweiz und die Beteiligung des Bundes ab. Winterspiele in der heutigen Form können nicht nachhaltig und weder umwelt- noch sozialverträglich durchgeführt werden. Die vorgesehenen Beiträge des Bundes könnten wirkungsvoller eingesetzt werden. Dazu kommt gemäss CIPRA, dass weite Bevölkerungskreise in der Schweiz dem Vorhaben kritisch gegenüberstehen. CIPRA sieht Risiken durch grosse Eingriffe in Naturschutzgebieten und Rodungen, hinzu kommt der unwirtschaftliche Einsatz der finanziellen Mittel. CIPRA sieht in den Winterspielen eine Belastung für das Zusammenleben in der Schweiz, insbesondere wenn keine nationale Abstimmung dazu erfolgt.
Greenpeace lehnt die Winterspiele und die Beteiligung des Bundes grundsätzlich ab. Green-peace erachtet die Winterspiele in der heutigen Form als Veranstaltung, die nicht nachhaltig durchgeführt werden kann. Es bräuchte ein fundamentales Umdenken und eine ganzheitliche Neukonzeption des Anlasses. Diese ist für Greenpeace mit den vorliegenden Vorschlägen für eine Durchführung im Jahr 2026 in der Schweiz nicht erkennbar.
Mountain Wilderness Schweiz lehnt die Kandidatur "Sion 2026" zur Durchführung der Winterspiele sowie eine Beteiligung des Bundes ab.
Aus Sicht Mountain Wilderness gibt es ökonomisch wirkungsvollere und sozial sowie ökologisch weitaus verträglichere Projekte, um die wirtschaftliche Entwicklung der Berggebiete sowie der Tourismusregionen der Walliser Alpen und der umliegenden Kantone zu fördern. Weil Winterspiele ein grosses, ausserordentliches finanzielles Engagement des Bundes verlangen und eine imageträchtige Angelegenheit von nationaler Bedeutung sind, die auch Begeisterung im Volk voraussetzt, soll die Bundesunterstützung dem Parlament als referendumsfähige Gesetzesgrundlage vorgelegt werden.
Der SGV steht der Organisation von Winterspielen skeptisch gegenüber. Für eine Zustimmung müssten nachfolgende Kriterien kumulativ erfüllt und für die Dauer der Winterspiele garantiert sein: "Sion 2026" muss mit Budgets arbeiten, die verbindliche Kostendächer ausweisen. Über die verbindlichen Zusagen hinaus, so sie gesprochen werden, darf keine Risikoabdeckungsgarantie in Aussicht gestellt werden. "Sion 2026" muss ausschliesslich auf bestehenden oder bereits geplanten Anlagen und Infrastrukturen basieren. Das Projekt muss ein konsequentes Risikomanagement aufweisen, die Verantwortlichkeiten und die Haftungsstruktur müssen klar geregelt sein. Die Sicherheit muss gewährleistet sein. "Sion 2026" muss einen ökonomisch messbaren Nutzen bringen. Dieser ist zu beziffern und nach Akteuren und Sektoren aufzuzeigen. Die fiskalpolitischen und insbesondere steuerlichen Implikationen der Beiträge des Bundes sind aufzuzeigen. Die derzeitigen Ausführungen in den erläuternden Materialien sind zu generell und genügen dem SGV deshalb nicht.
Die SL stellt sich nicht grundsätzlich gegen Winterspiele. Allerdings erachtet sie die Winterspiele in der heutigen Form als Veranstaltung, die nicht nachhaltig durchgeführt werden kann. Es bräuchte ein fundamentales Umdenken und eine ganzheitliche Neukonzeption des Anlasses. Diese sind nicht erkennbar, weshalb SL die Kandidatur "Sion 2026" ablehnt und sich gegen eine Beteiligung des Bundes ausspricht.
Der VCS ist gegen die Durchführung der Winterspiele und lehnt eine Bundesbeteiligung ab. Das bestehende Konzept wird aufgrund der vorliegenden Informationen als ungeeignet beur-teilt, Winterspiele zu veranstalten, die bezüglich möglichst ökologischer Mobilität vorbildlich sind. Besonders bedenklich sind gemäss VCS das besonders verkehrsintensive Konzept mit langen Transportwegen und der Anschluss eines Austragungsortes (St. Moritz) fast ausschliesslich über Flugverkehr. Laut VCS ist der politische Fahrplan so zu gestalten, dass die politischen Entscheidungsträger und die Bevölkerung erst nach Vorliegen des Host City-Vertrags entscheiden, so dass sie die Auswirkungen des Anlasses beurteilen können. Der Bevölkerung soll in Form referendumsfähiger Beschlüsse mindestens ein fakultatives Mitspracherecht gewährt werden.