Stefan Grass
Leiter des Komitees Olympia-kritisches Graubünden
2019: Kaum jemand möchte noch Olympische Winterspiele. Das liegt auch an einem harten Gegner aus der Schweiz.
2018: Seit den Olympischen Winterspielen in Turin 2006 zeigt sich die fehlende Sinnhaftigkeit von solchen Sportgrossveranstaltungen im Alpenraum. Stefan Grass, Leiter des Komitees Olympiakritisches Graubünden, der seit 18 Jahren die Kandidaturen für Olympische Winterspiele in Graubünden für 2010, 2014, 2022 und 2026 erfolgreich bekämpfte, zieht Bilanz.
2018: Stefan Grass hat die Kandidatur für Olympische Spiele in Graubünden gebodigt. Jetzt soll er Sion 2026 verhindern.
Mauspfeil auf dem Titel zeigt Medium, Datum und Lead:
05.12.2012. Die «Einfache» Olympia-Abstimmungsfrage und wer bezahlt, wenn Olympische Winterspiele in der Schweiz teurer würden als geplant. Bundesrat Ueli Maurer hat sich im Nationalrat kritischen Fragen zur Finanzierung und Volksbeteiligung bei der Bündner Olympiabewerbung stellen müssen.
Sehr geehrter Herr Bundesrat Maurer,
Sehr geehrte Damen und Herren,
Wir bedanken uns für die Möglichkeit, zu den geplanten Anträgen an die eidgenössischen Räte für einen Verpflichtungskredit zur Unterstützung der Kandidatur für olympische Winterspiele in der Schweiz Stellung nehmen zu können. Anita Mazzetta und Hans F. Schneider sind ebenfalls Mitglieder im Vorstand der vbu, daher stammen die Informationen aus dem Treffen in Magglingen direkt von ihnen z.H. der vbu. Als Dachverband der Umweltorganisationen in Graubünden befassen wir uns in der vbu seit vielen Jahren mit der Thematik von sportlichen Grossveranstaltungen in den Alpen. Basierend auf unseren Erkenntnissen und Erfahrungen nehmen wir zum geplanten Vorhaben wie folgt Stellung:
Zusammenfassung unserer Einschätzung und Anträge:
Sportliche Grossveranstaltungen wie die Olympischen Winterspiele sind kaum je nachhaltig und haben in der Regel nur kurzfristige Effekte. Langfristige ökologische, soziale und wirtschaftliche Effekte können bis heute nicht empirisch nachgewiesen werden. Die zeitliche und örtliche Massierung von Menschen führen bei Olympischen Winterspielen zwangsläufig zu einer hohen Belastung und Beeinträchtigung für Umwelt und Gesellschaft. Um diesen Effekt im erforderlichen Ausmass zu vermindern, müsste die Ausgestaltung Olympischer Spiele von Grund auf verändert werden. Glaubhafte Zeichen zu einer diesbezüglichen Bereitschaft auf Seiten des IOC können aufgrund der heute vorliegenden Erfahrungen und Dokumente jedoch nicht ausgemacht werden. Aus diesem Grund lehnen wir Olympische Winterspiele in der Schweiz heute wegen mangelnder Nachhaltigkeit grundsätzlich ab.
Wir befürworten jedoch den vorgesehenen Entwicklungsprozess zur Nachhaltigkeit (NIV). Ein derartiges Vorhaben soll jedoch unabhängig von einer Olympiakandidatur umgesetzt werden und nicht durch unvorhersehbare Entwicklungen beeinträchtigt werden. Das NIV-Projekt kann auch im Rahmen von bestehenden und bereits geplanten internationalen sportlichen Grossanlässen in den Schweizer Alpen aufgegleist werden, um die Diskussion und Projekte für Nachhaltigkeit, Innovation und Vermächtnis in den Alpen voran zu bringen. Als Beispiel sei hier die Ski-WM St. Moritz 2017 genannt, die sich dank ihrer internationalen Ausstrahlung als Plattform für ein NIV-Projekt bestens eignen würde.
Chur, 29.10.2012, Dr. Hansjörg Bhend
Präsident der vbu Vereinigung Bündner Umweltorganisationen
Der Bund investiert so oder so im grossen Stil in den Ausbau des öffentlichen Verkehrs in und nach Graubünden. Der Olympiazirkus braucht deswegen nicht in Davos und St. Moritz Halt zu machen – ganz abgesehen von den Verkehrslawinen, die seinetwegen auf die Bündner Strassen zurollen werden.
Im erläuternden Bericht zu den Beiträgen des Bundes an die Olympischen Winterspiele (OWS) Schweiz 2022 wird unter „Verkehr“ festgehalten, was aus nationaler Sicht an Verkehrsinfrastrukturbauten nötig sind. Ein Wolfgangtunnel und ein direkter SBB-Anschluss von Chur zum Flughafen Kloten wird dabei nicht mal erwähnt; offenbar kein Thema beim Bund trotz Olympia.
Zwischen Zürich und Chur beträgt die maximale Kapazität 7’300 Personen pro Stunde und Richtung. Die voraussichtliche Nachfrage während der OWS von 6’000 Reisenden pro Stunde kann mit dem vom Bund für 160 Mio. Franken vorgesehenen Halbstundentakt Zürich–Chur bewältigt werden. Zur nötigen Steigerung der Kapazitäten der Rhätischen Bahn (RhB) auf den Linien nach Davos und St. Moritz sollen alle Züge während der OWS nach einem Ringzugkonzept verkehren: von Landquart via Vereinatunnel nach St. Moritz und via Albulatunnel zurück nach Chur. Dies erfordert jedoch einen Busersatzverkehr in Gegenrichtung für die Einheimischen und Gäste.
Zusammen mit den bereits vorgesehenen Investitionen beim Rollmaterial von 350 Mio. können so 25’000 Personen pro Tag transportiert werden. Der Ersatz des Albulatunnels wird mit 220 Mio. vom Bund bereits mitfinanziert. An neuen RhB-Infrastrukturen müssten – wie längst geplant – für 65 Mio. die Umfahrung und Doppelspur Bever und der Bahnhof Celerina realisiert werden; hinzu kämen – bisher noch nicht eingeplant – 105 Mio. Franken für Doppelspur Rheinbrücke Reichenau–Tamins, Bahnhof Landquart und neue Blockstellen.
Die Anzahl ZuschauerInnen an den OWS beläuft sich auf bis zu 112’000 pro Tag. Wenn rund 25’000 Personen mit der RhB reisen können, heisst dies: An Spitzentagen müssen 87’000 Besucher mit Bussen nach St. Moritz und Davos befördert werden. Bei einer durchschnittlichen Belegung entspricht dies rund 1’740 Busfahrten pro Tag und Richtung von oder nach Davos bzw. St. Moritz. Was ist mit den Volontaris, Medienleuten, IOC-Tross, Sicherheitsdiensten? Und die Einheimischen stecken ebenfalls in den Bahnersatzbussen in Gegenrichtung zum Ringzug fest!
Bis 2025 werden vom Bund zusätzlich zu den regulären Beiträgen an Strasse und Schiene insgesamt 800 Millionen in Verbesserungen der Verkehrsnetze auf Bündner Boden investiert. Dank OWS kommen allenfalls noch 200 Millionen vorzeitig dazu! Dafür müssen wir die absehbare Verkehrsüberlastung an OWS nicht in Kauf zu nehmen!